„Glückskinder“ mit Online-Bauabnahme
Nur fünf Monate dauerte der Bau einer Tagesstätte in Wevelinghoven. Die Abnahme durch die Stadt erfolgte virtuell
Punktgenau zum 1. April wurde in Grevenbroich-Wevelinghoven die Kindertagesstätte „Glückskinder“ der Evangelischen Jugend- und Familienhilfe fertiggestellt – trotz Corona-Krise. Lediglich rund fünf Monate waren seit Baubeginn vergangen.
Auch die Abnahme durch die Stadt erfolgte in Rekordzeit. Nach etwa fünf Tagen war alles erledigt, Architekt Markus Schmale hielt die Bescheinigung über die Ergebnis-Prüfung für die Inbetriebnahme in den Händen. Der Clou dabei: Statt Vorort-Terminen mit Vertretern etwa des Bauordnungsamtes gab es eine „digitale Begehung“.
Neben Dokumenten reichte das Architekturbüro Fotos zu Bau- und Ausstattungsdetails und sogar Videos auf digitalem Weg ein. „Und wenn im Rathaus etwas benötigt wurde, haben wir schnell weitere Fotos gemacht“, schildert Schmale. Nur die Feuerwehr und der Brandschutzsachverständige seien vor Ort gewesen. „Die Kooperation mit der Stadt war super. Sie hat in Zeiten der Pandemie, in der zusätzliche Aufgaben anstehen, ihre Leistungsfähigkeit und Gelenkigkeit unter Beweis gestellt“, zeigte sich der Architekt voll des Lobes. „Die zur Verfügung gestellten Fotos waren aussagekräftig“, sagte der Technische Beigeordnete Florian Herpel. „Wenn die Kooperation mit Architektenbüros auch in anderen Fällen so funktioniert, kann das ein Beispiel für die Zukunft sein.“
Wir wollten die Bauabnahme unbedingt zeitnah durchführen, damit unser Bauherr die Kita schnellstmöglich in Betrieb nehmen konnte. Dazu haben wir im Büro ein Verfahren entwickelt, das vorsieht, über Fotodokumente, Videoproduktion und Baubegehungen mit LiveÜbertragung den Kolleginnen und Kollegen im zuständigen Bauamt eine verlässliche Grundlage für ihre Beurteilungen zu bieten. Ich habe das Konzept dann den zuständigen Dezernenten vorgestellt, die bereit waren, einen solchen innovativen Weg mitzugehen. Das Verfahren, das ja zunächst aus Not heraus geboren wurde, könnte meines Erachtens als Impuls auch für andere Abnahmeprozesse dienen. Ich bin der Überzeugung, dass wir alle die Corona-Pandemie als Chance nutzen müssen, um Experimente zu wagen. Und ich freue mich sehr, dass auch das Bauamt in Grevenbroich diesen Mut aufgebracht hat“, so Dipl.-Ing. Architekt BDA Markus Schmale.
Dabei ist bereits der Bau der knapp drei Millionen Euro teuren Kita rekordverdächtig: Der erste Spatenstich wurde im Oktober 2019 gesetzt. In Windeseile wuchs der ansprechende Komplex mit viel Glas und einer Fassade in Holzoptik an der Birkenstraße in die Höhe. Möglich machte dies die Bauweise aus vorgefertigten Modulen. „Mit dieser Lösung konnten wir auch die Belastung der Nachbarn durch Bauarbeiten verringern“, erklärt Burghard Asche, Vorstand beim Evangelischen Verein für Jugend- und Familienhilfe mit Sitz in Kaarst. Der Verein betreibt die Kita.
Die Eile bei Bau und Abnahme war auch nötig: Die neue Kindertagesstätte wird gebraucht. Zunächst kamen Mitte April die ersten drei Kinder aus einer Notbetreuungs-Gruppe, die zuvor im Förderzentrum der evangelischen Jugend- und Familienhilfe am Kerbelweg war. „Die Räume werden vom Förderzentrum wieder benötigt“, sagt Asche. Insgesamt werden derzeit in 18 Kitas in Grevenbroich 80 Kinder von Eltern mit systemrelevanten Berufen, die in der Krise zur Aufrechterhaltung der kritischen Infrastruktur wichtig sind, betreut. Erster Beigeordneter Michael Heesch rechnet damit, dass diese Zahl steigen wird. In der Kita „Glückskinder“ sind bereits 63 Plätze vergeben, weitere werden zum nächsten Kindergarten-Jahr besetzt.
Quelle: Neuss-Grevenbroicher Zeitung, NRW PRISMA [DAB REGIONAL] Text: Carsten Sommerfeld